Wie ist es zu diesem Kontakt gekommen?
Gerhard: Letztes Jahr haben meine Frau und ich bei einem Urlaubstrip einen Stopp in Regensburg eingelegt. Bei einem Besuch der Dreieinigkeitskirche trafen wir auf Pfarrerin Dr. Gabriele Kainz. Nach kurzer Unterhaltung stand fest: Wir machen gemeinsam etwas zum Thema KI und Kirche. Die Telefonnummern wurden ausgetauscht und ein netter Mailverkehr entstand.
Wie ist das Projekt entstanden und wie war eure Herangehensweise?
Gerhard: Im Mailverkehr entstand die Idee, Kirchenfenster mit KI zu gestalten. Die fanden wir beide so charmant, dass wir sie in die Tat umsetzten. Frau Dr. Kainz gab die Texte vor und ich baute daraus mit einer Text-To-Image Software zwei Bilder. Die Ausgangstexte für das Projekt stammen aus der Bibel, genauer gesagt aus dem Alten Testament:
- Könige 19, 4 Elias aber ging hin in die Wüste, eine Tagesreise weit, und kam und setzte sich unter einen Ginsterstrauch. Und er bat, dass seine Seele stürbe, und sprach: Es ist genug; so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.
- Könige 2,11 Es erschien ein feuriger Wagen mit feurigen Pferden. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor.
Diese Originaltexte waren noch nicht perfekt für das Text-To-Image-Programm geeignet. Schließlich muss der KI genau vermittelt werden, was sie tun soll. Daher entwickelten wir folgende Prompts (so heißen die Eingaben):
- Elias aber ging hin in die Wüste, eine Tagesreise weit, und kam und setzte sich … und er bat, dass seine Seele stürbe.
- Es erschien ein feuriger Wagen mit Pferden. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor.
Bei der Software, die wir für dieses Projekt genutzt haben, handelt es sich um ein selbstgeschriebenes KI-Programm, das komplett aus der Keras-Bibliothek stammt. Im Grunde ist es eine vereinfachte Version der Software von Stable Diffusion. Dazu wurden einige Randbedingungen wie Höhe, Breite und Auflösung angepasst. Das konnte die KI (noch) nicht so gut.
Welche Bilder sind daraus entstanden?
Gerhard: Es wurden in etwa 80 Bilder generiert und zwischen Göttingen und Regensburg zur Auswahl ausgetauscht. Schließlich fiel die Wahl auf zwei Bilder.
Die Fenster in der Kirche waren ungefähr 2,5 Meter mal 6,3 Meter groß. Da mussten einige Pixel angepasst werden. Außerdem sollten die Mittelstreben der Fenster das Bild nicht stören. Lauter Rahmenbedingen, die wir beachten mussten, jedoch nicht einfach der KI mitgeben konnten.
So sahen die Bilder dann im Original vor dem Kirchenfenster aus:
Gab es eine weitere Anwendung der Bilder?
Gerhard: Wir probierten dann noch etwas aus: Wenn man die Bilder nun wiederum in ein Image-To-Text-Programm eingibt, also den Prozess umdreht, kommen folgende Texte dabei raus:
- Auf dem Bild ist eine illustrierte Szene zu sehen, in der eine zentrale Figur, die wie eine ältere Person mit einem langen weißen Bart aussieht, auf dem Boden in einer Wüstenlandschaft sitzt. Die Figur trägt einen mehrfarbigen Umhang und hält etwas Kleines zwischen den Händen, vielleicht betrachtet sie es nachdenklich. Der Hintergrund zeigt leuchtende Farben mit wirbelnden Mustern am Himmel, die an Vincent van Goghs “Sternennacht” erinnern, und es sind Kakteen in der sandigen Umgebung verteilt. In der Ferne sind Berge unter dem dynamischen Himmel zu erkennen. Dieses Bild könnte aufgrund seiner Mischung aus realistischer Wüstenszenerie und expressivem, fast surrealem Himmel sowie seines potenziellen symbolischen oder erzählerischen Inhalts, der die zentrale Figur betrifft, interessant sein.
- Das Bild zeigt eine lebendige und farbenfrohe Szene mit einer Person, die einen von zwei Pferden gezogenen Streitwagen fährt. Der Hintergrund weist einen wirbelnden Himmel mit Blau-, Gelb- und Orangetönen auf, der an den Stil von Vincent van Goghs “Sternennacht” erinnert. Die Person auf dem Streitwagen blickt vom Betrachter weg, trägt einen Hut und scheinbar Kleidung aus einer vergangenen Epoche. Dieses Bild ist interessant aufgrund seiner dynamischen Komposition und seiner Hommage an klassische Kunststile.
„Die Texte sind sehr beeindruckend, wenngleich sie den ursprünglichen Kontext der Bibelstellen nicht wiedergeben,“ merkte Frau Dr. Kainz treffend dazu an.
Und dann gab es auch noch Vorträge zu KI in Regensburg?
(Gerhard) Genau! Neben dem KI-Kirchenfenster-Projekt vereinbarten wir noch Vorträge, einen Eröffnungsvortrag und zwei Vorträge für Best Ager. Folgende Fragen haben wir dabei aufgegriffen:
- Wie lernt KI?
- Wie erschafft KI kreative Bilder?
- Wie generiert KI aus Texten Bilder?
- Wieso „halluziniert“ ChatGPT ab und zu?
- Wie werden wir in Zukunft mit KI leben?
Der Eröffnungsvortrag in der Kirche war das eine. Aber die Vorträge für die Best Ager waren eine echte Herausforderung für mich, schließlich weiß man ja gar nicht, welchen Kenntnisstand die Menschen haben. Und mein wichtigstes Credo ist, so gut wie möglich aufzuklären.
Es kamen aber großartige Menschen mit vielen Fragen. Klar, dass Menschen über 65 nicht unbedingt das gleiche Computerverständnis wie Studenten haben. Aber die Diskussion kam schnell in Gang und wurde engagiert geführt. Darin ging es nicht nur um die technischen Fragen, also wie KI funktioniert, sondern auch darum, inwieweit Arbeitsplätze durch KI streitig gemacht werden könnten, wem KI-generierte Bilder eigentlich gehören oder ob es sich dabei um Kunst handelt.
Vielen Dank lieber Gerhard für diesen lebendigen Bericht aus deinem privaten KI-Leben.
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