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14. Februar 2023
6 Minuten
Laptop

Wenn die Künstliche Intelligenz Arbeit abnimmt – und alle sich freuen

Unsere Projektleiter:innen könnten kaum glücklicher sein: Seit Ende 2022 unterstützt sie eine KI bei der Stundenfreigabe. Ein Interview mit unserem Kollegen Stefan Heinrichs, dem Vater des schlauen Algorithmus.

Hallo Stefan, deine StundenregulierungsKI macht im Unternehmen Furore. Wie kam es dazu?

Am besten fange ich mit ein paar Hintergrundinfos an: Bei Arineo kommen monatlich um die 30.000 Stundenbuchungssätze zusammen. Am Ende des Monats prüfen die Projektleiter:innen die auf ihre Projekte gebuchten Time Sheets. Eine langwierige Arbeit, die niemandem richtig Spaß macht. Also habe ich überlegt, wie man diesen Prozess beschleunigen könnte. Ich kam schnell zum Schluss, dass eine feste Programmierung von Kriterien zur Genehmigung oder Ablehnung zu aufwendig und fehleranfällig wäre. Schließlich sind die Argumente nicht in jedem Projekt gleich: Ein Kunde möchte die Time Sheets auf Englisch, ein anderer bevorzugt ein bestimmtes Wording. Das alles starr in eine Software zu programmieren wäre nicht zielführend.

Stefan Heinrichs

Also musste ein dynamisches System her.

Genau. Ich brauchte ein System, das in den Korrekturen der Vergangenheit Muster erkennt und sich stetig aktualisiert. Dafür ist eine KI optimal. Also habe ich mich mit Ansgar und Jonas vom KI-Team ans Werk gemacht und den Algorithmus programmiert.

Wie funktioniert der Algorithmus konkret?

Unsere KI beobachtet die Projektleitung bei ihrer Arbeit. Sie merkt sich, wenn ein Stundenbuchungssatz genehmigt, abgelehnt oder korrigiert wird – und wie. Dabei kommen je nach projektleitenden Person bis zu 100 Faktoren zusammen. Die KI lernt immer aus den 2-3 vergangenen Monaten, ihr Wissen passt sich also dynamisch im Laufe der Zeit an.

Und in welcher Form findet nun die Arbeitsentlastung für die Projektleitung statt?

Die KI prüft die Stundenbuchungssätze vor und hinterlegt eine Handlungsbedarfswahrscheinlichkeit. Nun können die Projektleiter:innen die Stundensätze einfach von den Problematischsten zu den Unproblematischsten sortieren. Das beschleunigt den Freigabeprozess sehr und trägt zur Qualität und Nachvollziehbarkeit der Time Sheets bei.

Her mit den Zahlen! Wie ist hoch die Erkennungsrate deiner KI?

Die Erkennungsrate ist bemerkenswert: in einer von der KI vorsortierten Liste befinden sich ein Großteil der handlungsbedürftigen Datensätze in den ersten 15 Prozent. Von den Buchungssätzen, die am Anfang der Liste stehen, werden 95 Prozent auch tatsächlich korrigiert. Vor dem Einsatz der KI waren die handlungsbedürftigen Buchungen überall in der Liste versteckt, weil sie nach Datum sortiert war. Dass damals die Fehlerquote höher war, ist nur menschlich.

Eines muss ich aber noch erwähnen: Die besten Resultate liefert der Algorithmus bei langlebigen Projekten, weil sein projektspezifisches Wissen im Laufe der Zeit zunimmt. Bei neuen Projekten überträgt er das Wissen aus vorhergegangenen Projekten. Anhand der Korrekturen erlernt er dann, nach welchen Faktoren die Stundenbuchungen des neuen Projekts beurteilt werden. Entscheidend ist die richtige Menge an Zeitstabilität der zugrundeliegenden Regeln: Sie müssen so stabil sein, dass das Fortschreiben aus der Vergangenheit gute Resultate verspricht, und gleichzeitig so flexibel, dass eine feste Programmierung starrer Regeln keinen Sinn macht. Dann ist die Aufgabe für einen selbstlernenden Algorithmus geeignet.

Unsere KI in Zahlen

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In einer von der KI vorsortierten Liste befinden sich ein Großteil der handlungsbedürftigen Datensätze in den ersten 15 Prozent.

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der Buchungssätze, die am Anfang der Liste stehen, werden von den Projektleiter:innen auch tatsächlich korrigiert.

Wäre es nicht sinnvoll, dass der Algorithmus schon bei der Buchung durch Projektmitarbeitende Hinweise gibt, wenn der Buchungssatz ihm problematisch vorkommt?

Ja, das ist ein Paradox. Tatsächlich würde dadurch wahrscheinlich die Fehlerquote sinken, und damit auch die Lernbasis für die KI. Sie könnte sich damit zur selbst erfüllenden Prophezeiung entwickeln, dadurch ihre Aussagekraft verringern – und das wäre kontraproduktiv. Die auf menschlicher Einschätzung basierenden Korrekturen sind der Weg, auf dem die angesprochene Flexibilität der Regeln Einzug in den Algorithmus hält.

Nun sprechen wir hier von sehr verbreiteten, aber dennoch sehr spezifischen Anwendungsfall – der Stundenfreigabe. Könnte dein Algorithmus auch auf andere Business Cases übertragen werden?

Ja, diese künstliche Intelligenz kann grundsätzlich überall eingesetzt werden, wo eine Masse an abstrakten strukturierten Daten von Menschen bearbeitet wird. Strukturierte Daten findet man in der Regel in ERP-Prozessen, weil diese auf Wiederholung ausgelegt sind – und damit liegen uns strukturierte Daten vor.

 

Spontan fällt mir als weiteres Anwendungsfeld die Prüfung der Reisekostenabrechnung ein. Oder die Inventur. Hier könnte der Algorithmus die Effizienz erhöhen, indem er aus den vergangenen Inventuren analysiert, welche Items besonders problematisch waren. Mit dieser Information könnten sich die Menschen auf die wahrscheinlich problematischen Lagerbestände fokussieren. Denkbar wäre auch, die Prüfungsintervalle nach tatsächlichem Bedarf zu strecken: Während Schrauben einmal im Quartal inventarisiert würden, müssten Laubbläser nur alle zwei Jahre geprüft werden.

Beispielbild zur Fertigungsindustrie mit drei Personen

Das sind sehr pragmatische Anwendungen von künstlicher Intelligenz. Sehr fern von der Darstellung von KI im öffentlichen Diskurs oder in der Kultur.

Das stimmt. Aber genau das ist meiner Meinung nach die Stärke dieser Art von KI. Hier bringt sie vor allem Vorteile. Sie lernt unbemerkt im Hintergrund, macht Menschen ihren Job nicht streitig und schafft Freiraum für wertschöpfende, menschliche Aufgaben. Mit einem solchen Anwendungsfall ist die Einstiegshürde in das Thema künstliche Intelligenz für Unternehmen sehr gering, weil er auch so konkret ist.

Wie wäre das Vorgehen, wenn ein Unternehmen Interesse an deinem Algorithmus hätte?

Das würde mich sehr freuen! Wir würden zunächst ein Proof of Concept erstellen und ermitteln, ob die Daten und Merkmale für die künstliche Intelligenz geeignet sind. Wir würden ebenfalls ein Interview mit den Menschen führen, die von der KI unterstützt werden sollen. Ihre Bedarfe sind essenziell. Die KI soll schließlich den Menschen dienen, und nicht umgekehrt. Und wenn das Proof of Concept positiv ausfällt, würden wir den Algorithmus aufsetzen und trainieren.

Stefan, danke für das Interview!

Unsere künstlichen Intelligenzen

StundenregulierungsKI

Unsere StundenregulierungsKI beobachtet das Korrekturverhalten jeder freigabeberechtigten Person und leitet daraus ab, welche Buchungen am wahrscheinlichsten überarbeitet werden müssen. 

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